13.5.15

#SampleSunday:"Flirt mit einem Star"

Ein Tanzroman aus der Reihe  "Quick, quick, slow - Tanzclub Lietzensee"



Tanja Walters‘ heimliche Liebe ist ihr Square Dance-Partner Micky Hasloff. Doch als die Tänzer für einen Western engagiert werden, flirtet sie mit dem Star des Films, Manolo Rioja. Aus Eifersucht sabotiert Micky den Dreh. Ein Treffen mit Rioja und dessen Ehefrau überzeugt ihn, dass nicht der Star ihm im Weg steht, sondern seine eigene Furcht. Wagt Micky nun, Tanja seine Liebe zu offenbaren?.

1

Tanja Walters schreckte mit ihrer abgefahrenen Fahrradklingel zwei Elstern auf, die sich auf dem Radweg um einen glitzernden Fetzen Stanniolpapier zankten. Das Papier blieb liegen, als die beiden in die Kastanie vor dem Festplatz am Zehlendorfer Hüttenweg flüchteten.
Tanja stieg ab und schloss das Fahrrad an einer Straßenlaterne an. Dann bückte sie sich nach dem Stanniol und warf es in den nächsten Abfallkorb. Das hatten sie nun davon!
An jedem Karussell spielte eine andere Musik; die Betreiber versuchten anscheinend, einander zu übertönen. Dachten sie, wer am lautesten war, lockte die meisten Leute an? Der verführerische Duft nach Gegrilltem kam ihr entgegen. In einer Gasse, in der Barbecue-Buden mit Mais, Grillrippchen, Steaks und amerikanischem Bier standen, drängten sich die Festbesucher. Sie kam zwar gerade vom Mittagessen, aber sie hätte sich trotzdem wenigstens ein Rippchen gekauft, wenn die Schlangen vor den Essensständen nicht so lang gewesen wären.
Für sie als Square Dancerin war das Deutsch-Amerikanische Volksfest geradezu ein Muss. Und sie liebte es. Das echte Amerika konnte sie sich frühestens leisten, wenn sie mit dem Architektur-Studium fertig war.
Am Riesenrad traf sie den ersten aus dem Tanzclub Lietzensee: Norbert Kaminski stieg mit seinem zwölfjährigen Sohn Oliver aus einer Gondel.
„Tanja, Tanja!“ Oliver hüpfte auf sie zu. „Fährst du Geisterbahn mit mir?“
„Wieso ich?“ Sie grinste Norbert an. „Fürchtet sich dein Vater?“
Oliver zog die Mundwinkel nach unten. „Nein. Deswegen macht es mit Papa keinen Spaß. Er tut nur so.“
„Dann musst du noch mal wiederkommen, wenn deine Mutter dabei ist. Ich grusele mich auch nicht.“
„Das geht nicht.“ Plötzlich sah Oliver aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
Norbert zog warnend die Augenbrauen hoch. Da war sie wohl in ein Fettnäpfchen getreten. Und sie hatte gedacht, Norberts Scheidung wäre einvernehmlich gewesen.
Sie legte ihren Arm um Olivers Schultern. „Dann verdonnern wir Chris dazu. Komm, wir gehen ihn suchen.“
Mit den anderen aus ihrer Square Dance-Gruppe waren sie in der „Main Street“ verabredet. Hier hatten sich die Budenbesitzer auf Country Music geeinigt. Sehr vernünftig! Ein wenig leiser war es auch. Tanja sang mit, was sie kannte, während sie nach den Tänzern Ausschau hielten.
Chris Rinehart, der amerikanische Caller der Gruppe, stand neben Tanjas Partner Micky Hassloff an einer Schießbude. Chris war in Zivil gekleidet, während Micky vom Stetson bis zu den hochhackigen Stiefeln wie ein Cowboy aussah. Ein äußerst echt aussehender Cowboy: muskulös und braungebrannt, als würde er tatsächlich das ganze Jahr über Rinderherden hüten. Selbst die sandblonden Haare wirkten wie von zu viel Sonne gebleicht. Dabei saß er Tag und Nacht in der TU vor den dämlichen Computern.
Chris erklärte ihm die Bedienung eines Luftgewehrs und der Schießbudenmann verfolgte das Tun der beiden mit offensichtlichem Unwillen. Aber dann wurde er von einem älteren Mann mit Sombrero und befranstem Trapperhemd abgelenkt und wandte sich von ihnen ab.
Sie ging näher und wies dann auf den Inhaber. „Der hat wohl Angst, dass Micky ihm die Bude abräumt.“
Micky drehte sich um. Das Blau seiner Augen wurde intensiver, als er sie ansah. Dunkel wie ein See, in dem sie versinken könnte. Was für ein alberner Gedanke! Ertrinken würde sie; sie konnte überhaupt nicht schwimmen.
Sie stützte sich mit einem Ellenbogen neben ihm auf den Tresen und hoffte, dass sie cool wirkte.
„Tanja, was soll ich dir schießen?“
„Mir? Tja ... Kein Stofftier jedenfalls. Ich habe schon hundert Stück. Mindestens.“ Sie blickte vom Laufband mit den vorbeirollenden Zahlen zu den ausgestellten Gewinnen hoch und wieder zurück zum Laufband. „Kannst du überhaupt vorher wissen, was du erwischst?“
Chris lachte. „Irgendwas wird er schon treffen.“
„Irgendwas ...“ Es war alles Schnickschnack, was da aufgereiht war. „Können die einen nicht was Nützliches gewinnen lassen?“ Vielleicht sollte sie Micky besser gleich sagen, dass sie an nichts davon interessiert war. Aber er hatte seine Schüsse wohl schon bezahlt. Er sollte auch nicht denken, dass sie nichts von ihm haben mochte.
„Das ist hier das Deutsch-amerikanische Volksfest!“ Micky schwenkte das Luftgewehr. „Hier geht es nicht um Nutzen, sondern um Völkerfrieden. Oder so ähnlich.“
„Völkerfrieden? Micky, du bist aus der Zeit gefallen: Die DDR gibt es nicht mehr.“ Wie immer, wenn ihm keine Entgegnung einfiel, bekam er rote Ohren. Es war so leicht, ihn aufzuziehen.
„Du meinst unsere Lebensart.“ Chris wies mit einer ähnlich großspurigen Geste wie Micky zur Gasse mit den Barbecues.
„Eure Lebensart? Pah!“ Sie grinste frech. „Ihr habt uns einfach unsere Quadrille abgeguckt.“
„Aber du musst zugeben, unser Square Dance ist viel lustiger als eure Quadrille. Deswegen ist die längst aus der Mode gekommen.“ Chris legte Micky eine Hand auf die Schulter. „Je länger du zögerst, desto unsicherer wirst du.“


Mickys Blick ging vom Laufband zu Tanja zurück. „Kann nicht sein! Mehr unsicher geht nicht.“ Insbesondere, wenn sie so dicht neben ihm stand, dass ihr Parfüm ihn benebelte. Als ob nicht ihr Anblick allein reichte, ihm den Atem zu nehmen. Ihre dunkelblonden Haare waren gerade wieder halblang gewachsen und mit jedem Windstoß streichelten sie ihr Gesicht. Dort, auf ihrer Wange, hätte er gerne selber seine Finger. Doch da war wohl nichts zu machen. Seit über drei Jahren tanzten sie nun zusammen, aber Tanja kam nicht einmal dann zu ihm, wenn sie mit ihrem Computer nicht klarkam.
Mit zusammengekniffenem Auge legte er das Gewehr an die Schulter, entschied sich für ein Ziel und schoss. Daneben. Was hatte er sich auch von Chris bequatschen lassen! Er repetierte und schoss ein zweites Mal, ohne erst lange zu zielen. Dieses Mal traf er. Er richtete sich auf und wischte sich die klammen Finger an der Hose ab. „Zufall.“ Wenigstens stand er jetzt nicht wie ein kompletter Idiot da.
Aber er hatte noch zwei Schüsse übrig, um sich zu blamieren. Er legte wieder an; beide Male traf er eine Zahl auf dem Laufband. Erleichtert grinsend legte er das Gewehr auf den Tresen und sah den Inhaber erwartungsvoll an. „Jetzt bin ich mal gespannt.“ Dessen finsterem Gesicht nach zu urteilen waren das ordentliche Gewinne, die er sich gerade erschossen hatte.
Tanja packte ihn am Arm und zog ihn zu sich herum. „Drei von vier Mal getroffen. Micky, du bist ein Naturtalent.“
Darauf wusste er nichts zu sagen. Verlegen wandte er den Blick zum Budenbesitzer zurück.
Und Chris setzte noch eins drauf. „Ich habe es doch gleich gesagt. Du schaffst, was du dir vornimmst.“
Sein Nacken wurde heiß; bestimmt errötete er jetzt. Er hielt den Blick stur auf den Inhaber gerichtet, der Gewinne hin und her räumte. „Der scheint nicht recht zu wissen, was er mir geben soll.“ Und lauter. „Junger Mann, darf ich mir etwas aussuchen oder wie ist das jetzt?“
„Einen Augenblick“, kam die mufflige Antwort. Plötzlich hatte der Mann keinen amerikanischen Akzent mehr, sondern einen Tonfall, der sehr hessisch klang.
„Trotz des Huts und der Klamotten: Das ist kein Amerikaner.“ Tanja feixte unverhohlen. „Amerikaner sind eindeutig großzügiger.“
Lachend klopfte Chris ihr auf die Schulter. „Ich fühle mich geehrt, Ma‘am.“
Der Inhaber der Schießbude bequemte sich schließlich, die Gewinne auszuhändigen. Natürlich war ein überdimensionales Stofftier dabei – eine rosa Ausgabe von Bugs Bunny.
Micky versuchte, es Oliver aufzuhalsen, aber der lehnte empört ab. „Rosa ist für Mädchen!“
Chris nahm ihm den Hasen schließlich ab; damit konnte Madeline ihre Großmutter beglücken. Der zweite Gewinn waren Seifenblasen; Oliver nahm sie gnädig entgegen. Der dritte Preis dagegen hatte einen gewissen Nutzen: ein Dampfbügeleisen. Aber wie konnte er so etwas Tanja schenken?
Sie packte es aus und betrachtete es von allen Seiten. „Für meine Mutter!“
„Meinst du, sie bügelt zum Dank meine Hemden?“
„Meine Mutter bügelt nie!“ Hochmütig reckte sie das Kinn.
Er starrte sie an. Dachte sie etwa, er hätte seine Frage ernst gemeint?
Lachfältchen kringelten sich um ihre Augen, als sie das Bügeleisen schwenkte. „Vielleicht fängt sie jetzt damit an.“ Sie zog ihn auf! Und er war wieder einmal auf sie reingefallen. Wie machte sie das bloß immer?
(...)
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Flirt mit einem Star
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