28.7.13

#SampleSunday - Verjährt: Die Mühlen der Justiz


Luzern, 1824

Michael Corragionider Luzerner Stadtarzt, knallte dem Schultheiß eine schmale Akte auf den Sekretär. „Hier habt Ihr Eure Leiche, Herr Am Rhyn. Erwürgt. Der Mann war schon tot, als er in die Reuss fiel.“
„Ach, haben wir es diesmal akkurat?“ Karl Am Rhyn sah nicht auf, sondern schnitzte konzentriert an seiner Schreibfeder weiter. Dieser Bericht konnte warten; der tote Landstreicher hatte keine Eile mehr.
„Worauf wollt Ihr hinaus?“ Corragioni hob die Augenbrauen.
„Über den Schultheiß Keller konntet Ihr weiland keine Feststellung treffen.“ Am Rhyn beobachtete Corragioni aus den Augenwinkeln, während er fortfuhr. „Und gerade jetzt bekommen die Gerüchte neue Nahrung, mein Vorgänger sei nicht versehentlich in der Reuss ertrunken.“
Corragioni zuckte die Achseln. „Die tauchen mit jedem Toten auf, den wir rausfischen.“ Er schien auf eine Entgegnung zu warten, aber Am Rhyn legte die Feder weg und begann in der Akte zu blättern. Er hatte nicht die Absicht, seine Bemerkung näher zu erklären.
„Pfaffenbrut!“, murmelte er, als der Stadtarzt gegangen war. Dann rief er nach seinem Sohn, der ihm als Assistent diente. „Toni, hat der Amtmann von Glarus inzwischen nähere Auskünfte über diese Diebin geschickt?“
„Man schickt uns keine Auskünfte weiter, sondern die Weibsperson selber zur Einvernahme, und ihren Bruder auch. Es ist alles sehr dubios: Die Angaben, die dieses Mensch zu den Umständen der Tat gemacht hat, passen nicht zu dem, was wir dem Amtmann mitgeteilt haben.“

Sobald Clara Wendel im Gefängnis zu Luzern eingetroffen war, ließ der Schultheiß sie zum Verhör bringen. Er erwartete sie in einem ungeheizten Raum im Souterrain des Gerichtsgebäudes.
Der Landjäger führte ihm eine junge Frau in kurzärmeligem Trachtenkleid vor. Die braunen Augen hatten trotz der langen Haftzeit ihren Glanz behalten. Auch war das schwarze Haar sorgfältig zu einem langen Zopf geflochten. Nur eine aufgesprungene Lippe und ein bläulichgelber Bluterguss unter dem rechten Auge beeinträchtigten das ebenmäßige Gesicht.
„Sie hat gelogen“, fuhr Am Rhyn sie ohne Umschweife an. „Selbst der Dümmste fischt nicht des Nachts im Regen.“
Clara senkte den Blick. „Ich hab’ getreulich berichtet, was ich selber gehört habe über jenen Vorfall.“
„Sie hat angegeben, sie wäre damals dabei gewesen.“
„Aber ich kann mich nicht mehr recht erinnern. Was unterscheidet denn ein Kind, was es selbst erlebt und was ihm erzählt wird.“
„So kann es auch nicht unterscheiden, ob es wahr oder gelogen ist“, bemerkte der Schultheiß. Er erhob sich und ging um seinen Tisch herum. Dicht vor ihr blieb er stehen.
Clara wich seinem Blick aus und presste die Hände ineinander.
„Nun?“
„Hätt’ ich meinen eigenen Bruder angegeben, wenn’s nicht wahr wäre?“
„So erzähl sie mir doch einmal, wie es richtig war.“
„Ich hab’ schon alles gesagt, auf anderes kann ich mich nicht besinnen.“
„Dann werden wir ihrer Erinnerung aufhelfen.“ Der Schultheiß winkte dem Wachmann und dieser trat mit erhobenem Knüppel näher.
Clara schrie auf und hob die Arme vors Gesicht. „Schlag er mich nicht; ich sage ja, was ich weiß.“
Am Rhyn wandte sich zur Seite, griff nach seiner Pfeife, stopfte sie bedächtig und zündete sie an. Der Wachmann zog Clara den Knüppel zwei Mal über den Rücken. Sie wimmerte und fiel auf die Knie.
„Tu sie den Mund auf; dann hat sie Ruh“, sagte der Schultheiß, ohne sie anzusehen.
„Mich friert“, flüsterte sie. Sie hockte sich auf den steinernen Fußboden und schlang die Arme um die Knie.
„Welche ihrer Angaben sind gelogen?“, fragte Am Rhyn. „Denn gelogen hat sie.“
Der Wachmann hob erneut seinen Knüppel; Clara sah aus den Augenwinkeln zu ihm hoch und begann zu zittern. „Ich mein, da gab es einen Schneider, einen gewissen Joseph oder Aloys Meyer, der hat einen Groll wider den Schultheißen gehabt. Der Hansi war schon auf mehrere Tage in der Gegend und hat ausbaldowert. Ich mein, er wusste, worauf er wartet. Am nämlichen Tage bin ich mit der Mutter nach Littauen gegangen, wo wir ein Feuer gelegt haben. Danach sind wir zurück; der Hansi hatte auf uns gewartet und wir sind weiter. Und dann ist das eben passiert, wie ich’s berichtet hab.“
Am Rhyn legte die Pfeife beiseite, um ihre Reaktionen zu beobachten. „Was kommt sie jetzt mit einem Schneider?“ Das war eine Wendung, die ihm sehr gefiel. Sie mochte zu ganz neuen Erkenntnissen führen.
„Ich mein, der Hansi hat einen Anstifter gehabt. Was soll mein Bruder denn mit dem Schultheiß haben?
„Was soll der Schneider mit dem Schultheiß haben?“
Clara zuckte die Achseln und lächelte Am Rhyn ins Gesicht. „Ich mein ja bloß.“
„So hat sie sich das erfunden!“ Er trat so dicht auf sie zu, dass ihr sein Gehrock ins Gesicht schlug. „Wen deckt sie?“
„Ich hab alles angegeben, was ich weiß.“ Sie senkte den Kopf. Er verstand kaum, was sie murmelte. „Ich hab’s mir halt denkt. Einen Grund wird er doch gehabt haben, der Schneider.“
„Eben!“ Am Rhyn beugte sich vertraulich zu ihr herab. „Hatte der vielleicht auch einen Anstifter? Hast du einmal was gehört, dass du das meinen könntest?“
„Ich weiß nicht. Ich muss mich über diese Sache erst näher besinnen.“
„So besinne dich.“ Der Schultheiß ließ sie mit dem Wachmann allein.

Zum Abend war Am Rhyn von der Schwiegertochter zum Essen eingeladen. Er bemerkte kaum, was er aß und wartete nur darauf, sich mit seinem Sohn in die Bibliothek zurückzuziehen.
„Das Weib redet, was ihr in den Sinn kommt, aber dazwischen verrät sie manches doch.“
Toni warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu, während er den Cognac und zwei bauchige Gläser aus einer Vitrine nahm.
Am Rhyn nahm ihm ein Glas ab und ließ sich einschenken. Er schnupperte am Cognac und lächelte. „Ich bin sicher, wir sind einem Komplott auf der Spur. Endlich werden wir erfahren, wie der Keller zu Tode kam.“
„Er ist ertrunken! Wir haben nie auch nur ein Indiz gefunden, dass an den Gerüchten etwas wahr sein könnte.“
„Und doch war es Mord!“ Am Rhyn stellte sein Glas so heftig auf den Tisch, dass der Cognac überschwappte. „Keller stand von Anfang an auf der Seite Napoleons und wehrte sich beharrlich dagegen, dass die Mediationsakte durch eine konservative Verfassung ersetzt würde. Er war unser Bollwerk gegen die Ultramontanen.“ Am Rhyn stopfte mit heftigen Bewegungen seine Pfeife. „Du hast nicht erlebt, wie Corragioni und der päpstliche Nuntius geiferten, wenn er die Restauration durch den Wiener Kongress verdammte.“
„Aber Kellers Tod brauchten sie deswegen noch lange nicht. Schau dir nur an, wie weit wir heute von einem Bundesstaat entfernt sind.“
„Warum hat der Papst den Nuntius so plötzlich zur Römischen Kurie abberufen? Er hat doch Testaferratas konservative Kirchenpolitik unterstützt.“
„Als Testaferrata abberufen wurde, hat Keller aber noch gelebt.“
„Na und? Die Pfaffen haben lange Arme.“ Am Rhyn schüttelte den Kopf. „Was bist du naiv.“ Konnte sein Sohn nicht mal zwei und zwei zusammenzählen?
„Nein, Vater. Ich glaube, du verrennst dich da in etwas, womit du dir am Ende nur selber schadest. Was willst du mit den Angaben einer Diebin, die zu Zeiten von Kellers Tod noch ein Kind war? Wenn du dich irrst, bekommen die Ultramontanen erst recht Oberwasser.“
„Ich irre mich nicht.” Am Rhyn erhob sich. „Wir brauchen nicht weiter zu reden. Du wirst schon sehen.“

Clara war bleich, als sie am nächsten Morgen wieder vorgeführt wurde. Ihre blutverkrustete Haube bedeckte nur halb eine frische Platzwunde am Haaransatz.
„Was hat sie zum Tode Kellers inzwischen anzuzeigen? Sprech sie nur frei heraus und schone niemanden.“
„Soll ich den Hergang noch einmal aufsagen?“
„Aber nein; da ist das eine oder andere Detail nicht von Bedeutung.“ Am Rhyn stand auf und schob Clara ans Fenster. Er legte den Arm um sie und wies auf das Patrizierhaus an der Reuss-Brücke, neben dem sich die beiden Zwiebeltürme der Jesuiten-Kirche im Wasser spiegelten. „Weißt du, wer dort wohnt? Hast du schon mal von jemandem gehört, der mit den Bewohnern zu tun hatte?“
Sie blickte vom Haus zur Kirche und wieder zurück. Dann schüttelte sie den Kopf. „Das sind feine Leute. Solche kenne ich nicht.“
„Dort ist vor acht Jahren eingebrochen worden.“
„Ich war gewiss nicht dabei. Aber für die meinigen leg ich nicht die Hände ins Feuer. Vielleicht fällt mir etwas ein, wenn der Herr Schultheiß mir sagt, was gestohlen wurde.“
„Hast du vielleicht einmal gehört, dass einer entdeckt wurde beim Einbruch und doch nicht angezeigt?“ Er beobachtete sie aus den Augenwinkeln.
„Ja freilich … Aber das kostet immer was.“
„Ist das deinem Bruder auch passiert?“
„Dem Hansi nicht, aber dem Sepp, was mein Schwestermann ist.“
„Was weißt du davon?“
„Das ist ein braver Kerl, der Sepp.“
Am Rhyn zog die Mundwinkel herab.
„Doch, doch“, beteuerte Clara schnell. „Vom Militär, wo er ein gutes Auskommen hatte, hat er seinen Abschied genommen, weil er den Kindern ein Vater sein wollte. Und klug ist er; der hat die halbe Welt gesehen.“ Sie blickte auf den Fluss, zerrte an ihrem Zopf. Dann sah sie Am Rhyn mit wachsamen Augen an: „Ich mein, wenn einer wo einbricht und der Hausherr entdeckt ihn und lässt ihn laufen, dann ist das doch kein Verbrechen gewesen?“
„Sofern einer nicht verklagt wird, kann man ihn nicht richten. Also erzähl.“
„Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich weiß es auch nur von der Barbara. Ganz verjagt sei er zurückgekommen, hat die Schwester gesagt.“ Clara lehnte den Kopf gegen das Fenster und schloss die Augen. „Einen Hunger hab ich.“
„Das wird sie gewohnt sein. Erzähl sie, was sie gehört hat.“
Sie sank auf den Boden. „Mir ist ganz elend.“
Der Schultheiß ließ sich nicht beeindrucken. „Wenn ihr wieder etwas eingefallen ist, so reden wir weiter.“ Er wandte sich zur Tür. „Mahlzeit“, grüßte er den Wachmann im Hinausgehen. 
(...)
  


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25.6.13

#SampleSunday - Die Enkelin ... Erstes Kapitel





1
„Vor – vor – seit – ran ...“ Die helle Stimme von Ines Grube übertönte die Musik. Neun Paare mühten sich, den Anweisungen der Trainerin zu folgen.
Madeline Lagrange stemmte ihren Arm gegen die Brust ihres Tanzpartners, um mehr Abstand zu schaffen. „Robert, du zerquetscht mich gleich!“
Robert Merck schürzte die Lippen, aber er lockerte seinen Griff. „Recht so?“ Spott klang in seiner Stimme. „Ich wusste nicht, dass du so zerbrechlich bist.“
Sie verdrehte die Augen. Dabei kam sie prompt aus dem Takt; Robert griff wieder fester zu.
Als sie an der geöffneten Tür vorbeitanzten, warf sie einen Blick auf die große Uhr über der Bar. Sah aus, als wäre sie zwischendurch stehen geblieben. Müsste die Stunde nicht gleich zu Ende sein?
Großpapa saß am Tresen und schien sie zu beobachten; seine Füße bewegten sich im Takt. Auch nach fast zwanzig Jahren hatte er noch nichts verlernt. Vielleicht sollte sie mit ihm üben statt mit diesem nervigen Typen.
Ines stellte die Musik aus und verordnete ihnen eine kurze Pause.
„Meine Güte!“ Madeline wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Dann blickte sie auf ihre Füße. „Meine neuen Nylons dürften ruiniert sein.“
„Wenn du deine Füße aber auch immer unter die meinen stellst.“
„Ach so ist das!“ Fand er das etwa witzig? Sie ließ Robert stehen und ging an die Bar.
„Meine Madeline!“ George Lagrange hielt ihr mit strahlenden Augen ein Glas Mineralwasser entgegen. „Du bist weitaus besser als dein Partner. Wer ist das überhaupt?“
Marga Fischer, die neben dem Büro auch den Tresen betreute, langte nach Georges leerem Glas, in der anderen Hand die Rotweinflasche, um nachzuschenken. „Deiner Enkelin liegt der Rhythmus im Blut. Vom wem mag sie das wohl geerbt haben?“ Mit einem Augenzwinkern schenkte sie ihm nach.
„Von meinem Sohn bestimmt nicht. Der hat schon wieder das halbe Labor in die Luft gejagt.“
Marga starrte ihn erschrocken an. „Nein!“ Sie lachte nervös. „Du ziehst mich schon wieder auf!“
„Keineswegs. Es stand gestern in der Zeitung.“ Auf seiner Stirn erschien eine Ärgerfalte. „Erzählt hat er es mir natürlich nicht.“ Er nahm Marga sein Glas ab und wandte sich wieder Madeline zu. .„Also, wer ist das, mit dem du tanzt?“
Sie zuckte die Achseln. „Robert Merck. Sein Vater ist wohl ein Kollege von Klaus Wächter.“
„Polizisten-Familie also.“ Die Falte auf Georges Stirn verschwand. Als Robert gleich darauf an den Tresen kam, blickte er dem jungen Mann freundlich entgegen.
Robert ließ sich von Marga ein Bier geben. „Das habe ich mir jetzt verdient.“
„Was ist mit fahren?“, fragte Madeline spitz. „Du wolltest mich nach Hause bringen.“
Er errötete bis zu den Haarspitzen. Madeline verbarg ihre Erheiterung hinter ihrem erhobenen Glas.
George kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Werden Sie nach dem Schnupperkurs weiter bei uns tanzen?“
Roberts Blick ging zu Madeline. „Der Tanzclub Lietzensee hat einen bemerkenswerten Ruf; das gefällt mir gut. Ich denke schon – wenn sich eine Partnerin für den Tanzkreis findet?“
„Gewiss doch.“ George nickte zufrieden. „Dann auf eine gute Zeit.“ Er hob sein Glas Robert entgegen. „Ich habe Sie eben beobachtet.“
„Und? Was denken Sie?“ Robert spannte sich an. „Kann ich hoffen, dass ich eines Tages perfekt bin?“
„Bah!“ Madeline schnaubte. „Was soll das? Fishing for compliments, Robert?“ Sie gab sich keine Mühe, ihre Verachtung zu verbergen.
„Du verstehst heute wieder mal keinen Spaß, Madeline! So oft habe ich dir doch gar nicht auf den Fuß getreten!“
George folgte Madelines unwillkürlichem Blick nach unten. Am rechten Fuß hatte sie einen Schmutzfleck neben dem Knöchel. „In Sandalen zu tanzen ist nicht sonderlich schlau. Leg dir richtige Tanzschuhe zu.“
„Wozu? Wenn ich mit denen einmal über die Straße gegangen bin, kann ich sie wegschmeißen.“
„Was machen Sie beruflich, Robert?“
„Nichts Besonderes.“ Er zuckte die Achseln. „Bezirksamt Reinickendorf. Aber gewiss nicht bis zum Ende meines Lebens.“ In seine Augen kam ein Glitzern. „Eine Karriere als Turniertänzer ... Da kommt man schon ins Nachdenken.“
„Ich war zu meiner Zeit recht erfolgreich. Vier Mal unter den ersten drei der deutschen Meisterschaft; ebenso zwei Mal bei den Weltmeisterschaften.“ Aber gewonnen hatte Großpapa nie; das verschwieg er den jungen Leuten stets. „Mein Vater war schon bei den Anfängen des Formationstanzes vor dem Zweiten Weltkrieg dabei. Madeline setzt die Tradition der Familie fort.“
Was fiel ihm ein? „Großpapa!“ Madeline schüttelte den Kopf. „Um einen Studienplatz in Medizin zu kriegen, weiß ich schon jetzt, womit meine Tage bis zum Abitur ausgefüllt sein werden.“
„Du bist doch so klug, Madeline. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du so viel Zeit zum Lernen brauchst.“ Robert griff nach ihrer Hand. „Es geht weiter.“
„Ich trinke noch mein Wasser aus.“ Madeline entzog sich ihm und wedelte ihn in Richtung Tanzsaal. „Geh schon mal.“
Robert blickte zögerlich zwischen Madeline und dem Tanzsaal hin und her. Dann begann leise die Musik; gleich würde Ines weitermachen. Er setzte sich, immer noch zögerlich, in Bewegung.
„Puh!“ Madeline seufzte, als er außer Hörweite war. „Er. Geht. Mir. Auf. Den. Geist.“
„Wieso denn? Er ist doch nett! Und so ehrgeizig.“
„Er ist halt nicht mein Typ.“
George schmunzelte. „Und wer ist dein Typ?“
Sie blickte verträumt zur Decke. „Groß, schlank, schwarzhaarig. Erwachsen.“
„Das klingt, als hättest du jemand Bestimmtes im Sinn. Bist du in einen deiner Lehrer verschossen?“
Madeline lachte; das ging Großpapa nichts an. „Ich geh dann mal wieder.“
Nach zwei Schritten blieb sie jedoch stehen. Mit angehaltenem Atem starrte sie auf den Mann, der gerade hereinkam. Schlank und breitschultrig; Jeans und T-Shirt so eng, dass sich die Bewegungen seiner Muskeln darunter abzeichneten. Und schwarze Haare, wenn auch ein wenig zu kurz für ihren Geschmack. „Wow!“ Sie atmete langsam aus. Hatte sie den etwa gerade herbeibeschworen?
Aus den Augenwinkeln immer noch den Mann im Blick, drehte sie sich zu Marga um. „Wer ist das denn?“
„Chris Rinehart, unser Caller!“
„Oh?“ Was sollte das denn heißen?
„Madeline!“ Robert winkte ihr heftig und sie setzte sich mit einem Seufzer wieder in Bewegung.
 
***

Chris’ Blick hing an Madeline fest, die mit offensichtlicher Unlust zum Tanzsaal stöckelte. Ihr hübsches Gesicht war zu einer finsteren Grimasse erstarrt. Was tat das Mädchen hier, wenn es keinen Bock aufs Tanzen hatte?
„Guten Abend, Chris!“ Marga riss ihn aus seinen Betrachtungen. „Ich habe für Ersatz gesorgt. Die Anlage war nicht mehr zu reparieren.“
George zog die Brauen hoch. „Ersatz, Marga? Das ist in unserem Etat nicht eingeplant.“
„Eine Reparatur auch nicht. Aber das geht schon. Ich habe mit Werner geredet.“
Georges Stirn glättete sich ein wenig. „Du denkst auch immer an alles.“
Marga senkte schnell ihren Kopf über die Spüle und stellte die leeren Gläser hinein. George schlenderte zum Tanzsaal. Chris gesellte sich zu ihm und lehnte sich in den Türrahmen.
Die meisten Paare boten noch immer ein Bild des Erbarmens. Und was Madeline mit ihrem Partner veranstaltete, sah mehr nach einem Ringkampf als nach einem langsamen Walzer aus. Warum überließ sie ihm nicht die Führung, wie es sich gehörte? Offensichtlich war dies hier nicht ihr Ding.
Ihre Blicke kreuzten sich; unwillkürlich lächelte Chris ihr zu. Sie errötete und blickte schnell weg. Chris mochte nicht wegsehen. Die weinrote Strähne in ihren zerzausten dunkelblonden Haaren gab ihr etwas Verwegenes, das ihn anzog. Es passte zu der Rangelei mit ihrem Partner.
„Der Kurs könnte an einem Abend gerne mal verlängern und ich zeige denen ein paar Square Dance-Schritte“, sagte er zu George.
George versteifte sich. „Das ist ein Schnupperkurs für Gesellschaftstanz!“ Er räusperte sich und danach klang seine Stimme weniger schroff. „Es ist schon problematisch genug, als Verein überhaupt einen Kurs durchzuführen.“
Marga verdrehte die Augen; daraufhin verzichtete Chris auf eine Erwiderung.
 (...)



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24.3.13

#SampleSunday - Composition "The Dragon and the Princess"


Modern flute music score – original text in French; translations to English, German, Italian attached.
The composition  translates the fairy tale "Il drago e la principessa" into music.
....(page 2-4)

Flute Music Score for: The Dragon and the Princess.
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